Dass die gesetzliche und private Pflegepflicht-versicherung nur Grundleistungen im Pflegefall übernimmt und die Restkosten alleine zu tragen sind, dürfte allgemein bekannt sein. Dass diese Restkosten nicht nur den Pflegebedürftigen selbst betreffen, sondern auch seine Verwandten der geraden Linie, ist noch nicht allen bewußt. Wenn ein Elternteil die Pflegekosten (Pflegeheim kostet je nach Heim 2000 € - 4000 € monatlich) nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen bezahlen kann, übernimmt zwar zunächst das Sozialamt diese Kosten, prüft aber gleichzeitig wieviel Unterhalt die Kinder übernehmen müssen. Diese Unterhaltspflicht ergibt sich aus dem Gesetz (§ 1601 BGB) und bestimmt, dass der Unterhaltsrückgriff auf das Einkommen und Vermögen der Kinder erfolgen soll. Die Unterhaltspflicht betrifft nicht nur sehr gut verdienende Kinder, sondern kann schon bei relativ niedrigen Einkommen beginnen. Einen festen Betrag gibt es hier nicht, weil individuelle Verhältnisse des Kindes berücksichtigt werden, z.B. muss dem Unterhaltspflichtigen genug Geld für das eigene Leben (sog. Selbstbehalt von 1250 € nach Düsseldorfer Tabelle) bleiben und die Unterhaltspflicht gegenüber Ehepartner (Selbstbehalt von 950 € nur abziehbar, wenn Ehepartner kein eigenes Einkommen hat) und den eigenen Kindern wird vom Einkommen abgezogen, bevor die Höhe des Unterhalts an einen pflegebedürftigen Elternteil berechnet wird. Ein Lediger oder kinderloser Verheirateter mit Ehepartner mit eigenen Einkünften, müsste schon ab Nettoeinkünften über 1250 € mit Forderungen des Sozialamtes rechnen. Der genaue Betrag ist nicht nur vom Bundesland abhängig, sondern auch von den einzelnen Sozialämtern. Einige verlangen 30% vom einsetzbaren Einkommen, andere 50%. Auch das angesparte Geldvermögen, dass ein Kind behalten darf, ist nicht bundeseinheitlich geregelt und liegt je nach Sozialamt zwischen 20.000 € und 80.000 €.
Die genannten Unsicherheiten machen den Abschluss einer Pflegezusatz-Versicherung für die Eltern ratsam, weil dadurch das Risiko von Unterhaltszahlungen der Kinder verringert werden kann. Dies gilt insbesondere für Eltern mit erwarteten Altersrenten unter 1000 €. Durch den rechtzeitigen Abschluss einer privaten Pflegezusatz kann die je nach Pflegestufe relativ große Lücke zur Kostenübernahme der Pflegepflichtversicherung deutlich verringert werden, wie folgendes Beispiel zeigt:
Bei Pflegestufe 1 betragen die realistischen Kosten eines Heimplatzes 2.509 €, davon übernimmt die gesetzliche bzw. private Pflegeversicherung 1.023 € (41%), so dass eine Lücke von 1.486 € verbleibt. Bei einer erwarteten Altersrente von 900 € ist diese Lücke damit nicht zu finanzieren, so dass für den Restbetrag die Kinder in der Haftung stehen. Lösung: Mit einer Pflegezusatzversicherung, die die Pflichtversicherung um 100% ergänzt, beträgt die Erstattung des Heimplatzes in erster Pflegestufe 2.046 € (1.023 € + 1023 €), so dass die Gesamtkosten von 2.509 € zu 82% gedeckt sind und nur noch ein Restanteil von 463 € verbleibt, der nun mit mit der Altersrente von 900 € problemlos finanziert werden kann.
Falls die Pflege nicht stationär im Pflegeheim erfolgt, sondern zuhause durch eine Fachkraft, sind die Kosten beim niedrigen Pflegeaufwand von unter 5 Std. täglich geringer als im Pflegeheim, wie folgendes Beispiel zeigt:
Bei einem realistischen Satz von 28 € für die Einsatzstunde der Fachkraft und einem Pflegeaufwand von 2 Std. täglich, betragen die Pflegekosten bei 22 Tagen im Monat (ohne Wochenenden) in der ersten Pflegestufe 1.232 € (28 x 2 x 22). Dies führt zu einer Lücke von 848 €, die gerade noch mit der Altersrente von 900 € getragen werden kann. Mit einer Pflegezusatz läßt sich diese Lücke auf 464 € senken. Hier wurden allerdings günstige Annahmen getroffen, weil die Wochenenden nicht berücksichtigt wurden. Falls die Fachkraft auch an Wochenenden kommen muss, steigen nicht nur die Tage im Monat von 22 auf 30, sondern auch der Std.-Satz der Fachkraft um Zuschläge für Sonntage, so dass insgesamt eine Lücke entsteht, die über der Altersrente liegt und wieder die Kinder in die Unterhaltspflicht kommen. Bei Pflegestufe 3, die bei einem täglichen Pflegeaufwand ab 5 Std. beginnt und oben im Beispiel 6 Std. angenommen wurden, wären die Pflegekosten höher als im Altersheim, so dass hier die Unterbringung im Heim der häuslichen Pflege durch die Fachkraft vorzuziehen ist.
Der Abschluss einer privaten Pflegezusatz- bzw. Ergänzungsversicherung ist für alle GKV und PKV-Mitglieder solange möglich, bis sie nach Eintrittsalter und Gesundheitszustand als versicherungsfähig eingestuft werden. Bei den Tarifen ist darauf zu achten, ob nur die häusliche Pflege oder die stationäre Pflege im Pflegeheim abgedeckt ist. Weiterhin sollten in den Bedingungen folgende allgemeine Kriterien erfüllt sein:
Erläuterung:
Verzicht auf das ordentliche Kündigungsrecht bedeutet, dass der
Versicherer den Vertrag nicht nach einer bestimmten Zeit auflösen kann,
weil er eine Leistungsinanspruchnahe vermutet. Es gibt Gesellschaften,
die darauf nicht verzichten. Es sollten auch keine Wartezeiten oder
Karenzzeiten in den Klauseln stehen, weil dadurch Leistungen erst nach
einer bestimmten Zeit (oft 3 Jahre) in Anspruch genommen werden können.
Auch die Dynamik im Leistungsfall sollte enthalten sein. In Deutschland
beträgt die durchschnittlich Pflegedauer 8,3 Jahre. In dieser Zeit
könnten die Kosten für die Pflegeheime steigen. Wenn die Leistungen der
Pflegezusatzversicherung nicht angepasst werden, besteht eine
Versorgungslücke. Private Pflegeheime sowie eine freie Verfügbarkeit
der Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung sollten abgesichert
sein, damit man selbst das Pflegeheim aussuchen kann. Eventuell sollte
es auch keine Einschränkung geben, wo man sich pflegen läßt.